Judo

Das Kōdōkan-Dōjō und die Entstehung des Jūdō

JapanDas Studium der Techniken der verschiedenen Ju-Jitsu Stile – vor allem der Wurftechniken der Kito-Ryu – brachte Kanō Jigorō auf die Idee, ein eigenes Ju-Jitsu System zu schaffen und es für junge Leute attraktiver als bisher praktizierte Kampfsystem zu machen. Es sollte nicht nur Wert auf die Kampftechniken gelegt werden. Vielmehr sollte dem Training des Verstandes der Schüler eine gleichrangige Bedeutung zufallen. Kanō machte es sich zur Aufgabe, ein System zu entwickeln, das aufbauend auf wissenschaftlichen Prinzipien körperliche und geistige Ausbildung der Schüler miteinander verband.

Dieses System bestand neben den Nage Waza aus Bodentechniken Katame Waza sowie Schlag-, Tritt- und Stoßtechniken Atemi Waza, die u. a. dem System der Kito-Ryu und der Tenshinshinyo-Ryu (traditionelle Ju-Jitsu Schulen, von denen Kanō  die „Densho“ Lehrunterlagen übernommen hatte) entnommen wurden. Kanō selektierte dabei alle Techniken aus, welche dem von ihm gefundenen obersten Prinzip „möglichst wirksamer Gebrauch von geistiger und körperlicher Energie“ widersprachen und ergänzte aus allen Richtungen Techniken die ihm brauchbar erschienen. Dass er dabei aber alle „bösen“ Techniken entfernt hätte, die geeignet sind, einen Menschen ernsthaft zu verletzen oder zu töten, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Spätestens beim Studium der Kata wie Kimeno-Kata oder der Kodokan Goshin-Jitsu tritt dieser Irrtum offen zutage.

Im Februar 1882 nahm Kanō Jigorō neun von seinen Schülern aus der Kito-Ryu und eröffnete sein eigenes Dōjō im Eishoji-Tempel. Das Dōjō war äußerst klein und mit nur 12 Tatami (Matten) ausgelegt. Diese Trainingsgruppe war der Ursprung des später bekannten Kōdōkan-Dōjōs. Die von Kanō zu diesem Zeitpunkt gelehrte Kampfsportart war aber kein völlig neues System, sondern eben ein reformiertes Jiu Jitsu. Der Übergang zum neuen Kampfsystem Jūdō vollzog sich aber als ein stetiger Prozess während der folgenden zwei Jahre. 1884 war der Entwicklungsprozess des von Kanō gelehrten Kampfstils so weit fortgeschritten, dass er sein neues Kampfsystem offiziell „Kōdōkan-Jūdō “ nannte.

Viele der alten Samurai-Kampftechniken waren im neuen Jūdō ersatzlos gestrichen worden. Neue Techniken wurden integriert. Am Ende entstand eine Kampfsportart, die auch gefahrlos als Zweikampf-Sportart betrieben werden konnte und heute weltweit anerkannt ist. Allerdings wird dabei zuweilen vergessen, dass Kōdōkan-Jūdō nach wie vor auch Schläge (Atemi) und Waffentechniken beinhaltet, was in der Kime-no-Kata noch offensichtlich zu Tage tritt. Allerdings sind diese Techniken im Wettkampf verboten.

Kosen Judo

Zwischen 1900 und 1914 gab es im Kodokan eine große Entwicklung hin zu den Bodentechniken, da sich diese im Zweikampf als effektiver erwiesen. Nachdem einige von Kanos Meisterschülern „Newaza-Experten“ geworden waren und die Kämpfe in der Regel durch Aufgabe (Submission), anstatt ernsthafter Verletzungen endeten, führte er diese Art des Judo als Sport in den Hochschulen ein. Mit der ersten Alljapanischen Hochschulmeisterschaft in Kyoto war das „Kosen Judo“ geboren.

Auf Grund der Effektivität und der Wettkampferfolge wurde diese Stilrichtung so populär, dass Kano um den Standkampf zu retten im Jahre 1925 Regeländerungen durchsetzte, die das Verhältnis von 70% Stand- und 30% Bodenkampf beinhalteten. Dies führte zu enormen Unruhen in der frühen Judobewegung – manche sprachen sogar von einer Spaltung. Zumal viele Judoka sehr viel Zeit in das Studium des Bodenkampfes investiert und auch auf Kanos Initiative hin neue Serien von Drills, Befreiungen und Aufgabetechniken entwickelt hatten. Eben diese Meister und ihre Schüler waren dadurch die damaligen Top-Kämpfer geworden, die alle Kodokan-Turniere dominierten.

All dies führte zu so viel Zerwürfnissen, daß Kano eben Diese als Abgesandte in die Welt schickte, um andernorts im Auftrag des Kodokan zu unterrichten. Dies war ein schlauer diplomatischer Zug, denn er entschärfte dadurch die Situation in Japan und es war für ihn klar: Egal wohin sie gingen, niemand würde sie so leicht besiegen können. Einige dieser bekannten Kosen Judoka waren Yamashita, Hirata, Tomita, Yokoyama und Maeda. Maeda unterrichtete später in Brasilien und legte damit auch den Grundstein für das Brazilian Jiu Jitsu.

Turnerbund Weiden e.V.